Tal der Tränen
Es gibt Situationen im Leben, die uns in eine tiefe Krise stürzen können.
Durch die Diagnose einer schweren Erkrankung kann unsere Welt im Augenblick zusammenbrechen.
Welcher Arzt, welche Ärztin möchte schon gerne solche erschütternden Nachrichten überbringen oder gar noch Folgegespräche führen? …Keine(r)… und so kommt es oft vor, dass diese Gespräche „gnadenlos“ ausgesprochen oder „nebenbei“ laufen. Man fühlt sich so richtig allein gelassen….
Passives Verhalten, gestörtes Vertrauen in den Arzt, geschwächte Gesundheit durch Stress und Ängste, sind die Folge.
Gut gemeintes „Zureden“ reicht hier nicht. Flüchtet sich der Arzt auch noch in Floskeln wie „Kopf hoch! Das wird schon wieder…“, dann sind PatientInnen oftmals mutloser als zuvor, denn sie spüren die Hilflosigkeit ihres Arztes.
Jeder Mensch, der eine derart schwerwiegende negative Veränderung seines Lebens bewältigen muss, geht durch ein “Tal der Tränen“, bis er am Ende die neue Situation annehmen und sich auf sie einstellen kann. Dieser Weg durch das „Tal der Tränen“ läuft in bestimmten Phasen ab.
Verleugnung:
Man will nicht wahrhaben, was da auf einen zukommt. Gedanken wie: „Das wird schon nicht so schlimm sein“, oder „da warte ich erst einmal ab“ tauchen auf. Eventuell versucht man sich auch zu beruhigen und das Bedrohliche zu verleugnen: „Bestimmt hat der Arzt sich geirrt“, „“Meine Befunde sind wahrscheinlich vertauscht worden“,….
Unrealistische Hoffnungen, dass man doch irgendwie verschont würde, halten uns über Wasser. Es erfolgt eine Orientierung nach “rückwärts“ in die Vergangenheit und so geht wertvolle Zeit verloren, sich auf die harten Veränderungen der Zukunft einzustellen und neue Perspektiven zu suchen. Angehörige oder Freunde können jetzt am besten helfen, indem sie die Betroffenen aufrütteln und sie dazu drängen, den unangenehmen Tatsachen ins Auge zu sehen.
Wut und Aggression:
Wenn wir erkennen, dass die negativen Veränderungen unabweisbar sind, überkommt uns eine Welle von Wut und Ungerechtigkeitsempfinden: „Warum gerade ich“, „Was habe ich verbrochen“ und ähnliche Gedanken kreisen in unseren Köpfen. Man befindet sich in der Krise, die eine gravierende Veränderung mit sich bringt.
Depression:
Nachdem man erkannt hat, dass man wirklich in dieser unabänderbaren Situation steckt, folgt oft eine „Depressive Phase“. Verzweiflung, Aussichtslosigkeit, Fragen, die niemand beantworten kann, lassen uns in ein tiefes Tal fallen. Dieses Tal wird auch „Tal der Tränen“ genannt.
Doch sobald wir die neue Situation akzeptieren können, erste Ideen und Pläne haben, wie wir durch die Krankheit durchgehen werden, kommen wir in die Phase des „Akzeptierens der neuen Situation“
Akzeptanz:
Wir wissen jetzt, es folgen Operation, eventuell einige Zyklen Chemotherapie, bei denen uns Übelkeit, Haarausfall, ….. erwartet, Bestrahlungen und vieles mehr. Wir haben schon eine gute Vorstellung, wie wir mit dieser Situation umgehen werden. Wir haben Pläne wer, was, wann übernehmen wird und so weiter…
Wir sind vom Opfer zum Manager geworden!
Über das “Tal der Tränen“ führt keine Brücke.
Die inneren Veränderungen in der Krise sind nötig, um sich wieder für Neues öffnen zu können und den Blick auf eine lebenswerte und schöne Zukunft zu richten!