Bioprinting – Organisches Gewebe aus dem 3D Drucker
Unter Bio-Printing versteht man einerseits ein Verfahren, bei dem mithilfe von 3D- Druckern organisches Gewebe reproduziert werden kann, andererseits das Herstellen kompletter künstlicher, mechanischer Organe, beispielsweise Kunstherzen. Wissenschafter bezeichnen jetzt schon das Bio-Printing als nächste Technikrevolution in der Geschichte der Medizin, die eines ermöglichen soll:
Das maßgeschneiderte Herstellen von Geweben oder Organen aus Patienten-Eigenzellen, um das Abstoßungsrisiko zu minimieren.
Analog zum herkömmlichen 3D-Druck erstellt man zunächst von dem zu druckenden Organ am Computer ein Schichtmodell. Anschließend schickt man die Daten an einen 3D-Drucker. Der große Unterschied zu konventionellen Geräten liegt allerdings im Inhalt der Druckerpatrone. Diese enthält „Biotinte“.
Extrem hohe Anforderungen an „Biotinte“
Biotinten bestehen hauptsächlich aus Zellen, die Patienten bei Biopsien entnommen wurden, oder aus Stammzellen sowie natürlichen oder synthetischen Polymeren. Dabei muss das Polymer sehr spezifische Eigenschaften aufweisen. Es muss „zellfreundlich“, druckbar sowie in der Lage sein, ein stabiles Konstrukt zu bilden. Weiters soll das Polymer Zellwanderung und Zellteilung fördern. Und schließlich muss es sich, während es neues Gewebe produziert, sukzessive zersetzen und unschädlich für den menschlichen Körper abbauen. Das sind extrem hohe Anforderungen, die nur sehr wenige Biotinten erfüllen.
Allerdings lauern beim 3D-Bioprinting auch ethische Gefahren, speziell dann, wenn um das Optimieren von Körperfunktionen geht. Was Unternehmen wie das italienische Forschungs-Start-up MHOX planen, klingt mehr nach Frankenstein als nach medizinisch sinnvollen Maßnahmen. Die Firma möchte spätestens 2027 funktionsfähige Augen drucken – an sich eine feine Sache für Menschen mit Erkrankungen des Sehapparates. Doch die Wissenschaftler möchten weiter gehen: Die gedruckten Organe sollen nicht nur Sehdefizite ausgleichen, sondern viel mehr können, als Mutter Natur vorgesehen hat. Das Kunstauge soll zusätzlich alles Gesehene aufzeichnen, speichern und mit Dritten teilen können. Es ist der erste Schritt, menschliche Fähigkeiten durch technische Ergänzungen oder Implantate gravierend zu erweitern – und Körperteile gleichsam als Datenspeicher zu benutzen.
Kann es zulässig oder gar wünschenswert sein, den humanen Organismus durch Technik so zu verändern, dass eine individuelle Überlegenheit erzeugt wird? Wo verläuft die Grenze zwischen medizinisch vertretbarem Nutzen und der Erschaffung ethisch bedenklicher Kunstwesen? Und dann wäre da die Frage des Persönlichkeits- und Datenschutzes. Wo ziehen wir die Grenze – beim Körper in seiner Gesamtheit, dem Herzschrittmacher oder modifizierten Augen mit Aufzeichnungsfunktion? Sind Daten aus diesen künstlichen Organen womöglich sogar juristisch verwertbar?
Zahlreiche Start-ups, Labore und immer mehr Großkonzerne versuchen sich inzwischen am Bio-Druck menschlicher Körperteile. Die biologischen Strukturen der Haut sind vergleichbar simpel und deswegen auch einfacher außerhalb des Körpers nachzubauen. Im Frühjahr 2017 präsentierten spanische Wissenschaftler einen neuen Bioprinter , mit dem sich 100 Quadratzentimeter Haut in knapp 35 Minuten drucken lassen.
Für Verbrennungsopfer und unter schweren Hautkrankheiten leidende Patienten wäre das ein großer Schritt.
Gewebe und Haut sind aber nur der Anfang. Die Wartelisten von Transplantationen sind lang. Viele Menschen sterben, bevor ein passendes Organ für sie gefunden ist. Als nächstes wird wahrscheinlich die synthetische Leber in Reichweite sein aber auch bei der Schaffung künstlicher Nieren machten Forscher zuletzt Fortschritte.
Wenn es auch bis zu voll funktionsfähigen Organen vielleicht noch eine Weile dauern wird, ist doch schon ein Zwischenschritt erreicht. Denn eine Art Mini-Organe können die Medizinforscher bereits im Labor bauen:
Organoide (Organchen) sind der vielleicht erste revolutionäre Durchbruch in der synthetischen Biologie
(Auszüge aus: https://www.profil.at/wissenschaft/bio-printing-organe-d-drucker-8273728; Zukunftsmedizin – Thomas Schulz)