Der Beginn einer Revolution – mRNA
Die Impfstoffe gegen Covid-19 haben die mRNA-Technologie bekanntgemacht. Wie mRNA-Therapien funktionieren, was sie leisten – und warum sie der Schlüssel im Kampf gegen viele Krankheiten sein könnten.
Grundsätzlich gelten alle Leiden, die sich über das Immunsystem beeinflussen lassen, als vorrangige Ziele der mRNA-Technologie.
Manche Forscher haben ein ausgeprägtes Talent, komplexe Sachverhalte eindrücklich zu veranschaulichen. Zum Beispiel Stephen Hoge: Seine Firma konzentriere sich auf „die Software des Lebens“, erklärte der Mediziner bei einer Fachtagung in Cambridge, Massachusetts. Das Ziel sei, eine pharmazeutische Fabrik direkt im menschlichen Körper zu installieren.
Die medizinische Innovation, welche die Forscher in Cambridge debattierten, bildet nun das Rückgrat der effektivsten Vakzine zum Schutz vor der Erkrankung Covid-19, und unter den Sprechern waren einige der wichtigsten Protagonisten auf diesem Gebiet: Stephen Hoge beispielsweise ist Präsident des US-Start-ups Moderna, das einen der ersten Impfstoffe auf den Markt gebracht hat.
Der Hauptfokus der mRNA-Technologie lag ursprünglich auf anderen Einsatzgebieten: Krebs, Autoimmunerkrankungen oder neurodegenerative Leiden.
Wer Eiweiße beeinflussen kann, hat eine Art Universalwerkzeug der Medizin zur Hand. Genau dieses Tool ist die mRNA. Sie dient dazu, genetische Information in Proteine zu übersetzen, und hilft, in den Genen archivierte Konstruktionsdaten in funktionstüchtige Eiweißstoffe zu verwandeln, die wiederum ein breites Spektrum von Körperfunktionen steuern.
Die mRNA beinhaltet eine einsträngige Arbeitskopie der DNA. Mit ihr lassen sich Bauanleitungen von Proteinen an Körperzellen übermitteln.
(Auszüge aus: www.derstandard.at; Alwin Schönberger, CURE, 24.8.2021)
WISSEN
Molekulare Datenverarbeitung
Von der genetischen Information bis zur Impfung: Wie mRNA eine Bauanleitung an die Körperzellen schickt und dort die Arzneimittelfabrik in Gang setzt.
1 Die Desoxyribonukleinsäure (DNA) speichert alle genetischen Informationen. Sie ist in Form eines Doppelhelixstranges aus den Basen Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin aufgebaut. Die in der DNA archivierte Information ist gleichsam theoretisches Wissen, das erst abgerufen und aktiviert werden muss, um Funktionen des Organismus zu steuern.
2 Diesen Job erledigt die messenger-Ribonukleinsäure (mRNA). Sie besteht aus nur einem Strang sowie einer abweichenden Base: Statt Thymin ist dies Uracil. Die mRNA überträgt Botschaften von der DNA ins Zellplasma, wo sich die Eiweißfabriken des Körpers befinden. Zunächst wird die genetische Botschaft durch Transkription abgelesen und in mRNA umgeschrieben. Die mRNA dient nun als Arbeitskopie und schickt diese ans Zellplasma. Dies ist wie die Übermittlung eines Bauplans für Proteine.
3 Proteine sind eine Grundsubstanz des Lebens und der Baustoff für Haut, Haare und Organgewebe. Ebenso sind sie an zahlreichen Körperfunktionen und der Entstehung vieler Krankheiten beteiligt. mRNA-Therapien zielt darauf ab, Bauanleitungen für Proteine zu verfassen. Bei den Impfungen gegen Covid-19 sind dies die Konstruktionsdaten für Teile des Spike-Proteins, mit dem SARS-CoV-2 an Körperzellen andockt.
4 Im nächsten Schritt muss die mRNA-Nachricht in die Zelle eingebracht werden. Damit sie diesen Vorgang unbeschadet übersteht, verpacken die Forscher sie in kleine Fettpartikel. Ziel der molekularen Gebrauchsanweisung für die Proteine ist das Zellplasma, quasi das Vorzimmer des Zellkerns, in dem unser Erbgut sitzt. mRNA kommt nicht mit dem Zellkern in Berührung.
5 Basierend auf den Konstruktionsdaten der mRNA stellen die Zellen nun selber Spike-Proteine her. Diese simulieren Viruskontakt, ohne dass der Körper mit einem echten Virus konfrontiert ist. Trotzdem aktiviert das Immunsystem Antikörper und Abwehrzellen und baut Schutz gegen das Virus auf.
(www.derstandard.at)