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Tabuthema Inkontinenz





Definition und gesellschaftliche Bedeutung

Inkontinenz bezeichnet den ungewollten Verlust von Urin (Harninkontinenz) oder Stuhl (Stuhlinkontinenz) und stellt für viele Betroffene eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität dar. Aufgrund von Scham und mangelnder Aufklärung wird das Thema oft tabuisiert, obwohl es eine weit verbreitete gesundheitliche Herausforderung ist.

Eine offene Auseinandersetzung mit der Thematik, gepaart mit einer individuellen Therapie, kann betroffenen Personen helfen, ihre Lebensqualität zu verbessern. Frühzeitige Diagnostik und gezielte Maßnahmen sind entscheidend, um langfristige Einschränkungen zu vermeiden.

 

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen von Inkontinenz sind vielfältig und hängen von der jeweiligen Form der Erkrankung ab:


Harninkontinenz

  • Schwache Beckenbodenmuskulatur: Oft Folge von Schwangerschaft, Geburt oder hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren.

  • Neurologische Erkrankungen: Multiple Sklerose, Parkinson oder Schlaganfälle können die Blasenkontrolle beeinträchtigen.

  • Prostataerkrankungen: Bei Männern kann eine vergrößerte oder operierte Prostata Harninkontinenz auslösen.

  • Übergewicht: Erhöhter Druck auf die Blase kann zu unkontrolliertem Urinverlust führen.

  • Medikamenteneinnahme: Diuretika oder Beruhigungsmittel können die Kontrolle über die Blase negativ beeinflussen.

  • Alterungsprozess: Mit zunehmendem Alter kommt es zu einer natürlichen Schwächung der Beckenboden- und Blasenmuskulatur, einer verringerten Blasenkapazität sowie einer verzögerten Nervenreaktion. Dies kann zu häufigem Harndrang und unkontrolliertem Urinverlust führen.


Stuhlinkontinenz

  • Muskelschwäche oder -verletzungen: Oft nach Geburtsverletzungen oder Operationen im Beckenbereich.

  • Neurologische Erkrankungen: Erkrankungen wie Diabetes oder Multiple Sklerose können die Nervensteuerung des Darms beeinträchtigen.

  • Chronische Verstopfung (Obstipation): Kann den Schließmuskel schädigen und zur Inkontinenz führen.


Medikamenteninduzierte Inkontinenz

Bestimmte Medikamente können die Blasenkontrolle beeinträchtigen und zur Inkontinenz beitragen.


Dazu gehören:

  • Diuretika (Entwässerungsmittel): Erhöhen die Urinproduktion und können zu verstärktem Harndrang führen.

  • Antidepressiva und Beruhigungsmittel: Können die Blasenmuskulatur entspannen und die Wahrnehmung des Harndrangs beeinträchtigen.

  • Anticholinergika: Werden zur Behandlung verschiedener Erkrankungen eingesetzt, können aber die Blasenentleerung stören.

  • Alpha-Blocker: Bei Männern zur Behandlung von Prostataerkrankungen eingesetzt, können sie die Harnröhre entspannen und dadurch ungewollten Urinverlust begünstigen.

  • Opioide Schmerzmittel: Können die Blasenmuskulatur lähmen und zu Harnverhalt oder Überlaufinkontinenz führen.

  • Blutdrucksenker: Bestimmte Wirkstoffe können die Blasenmuskulatur beeinflussen und unkontrollierten Urinverlust verursachen.


Wann sollte ein Arzt aufgesucht werden? 

Ein Arztbesuch ist empfehlenswert, wenn:

  • häufiger ungewollter Urinverlust auftritt, insbesondere wenn er plötzlich oder belastungsabhängig (z. B. beim Husten oder Niesen) auftritt.

  • Schmerzen oder Brennen beim Wasserlassen auftritt, da dies auf eine Infektion hinweisen könnte.

  • die Lebensqualität stark eingeschränkt ist, etwa durch ständigen Harndrang oder Unsicherheit im Alltag.

  • Inkontinenz in Verbindung mit anderen neurologischen Symptomen wie Taubheitsgefühlen oder Muskelschwäche auftritt.

  • keine Besserung durch konservative Maßnahmen wie Beckenbodentraining oder Blasentraining eintritt. Ein frühzeitiger Arztbesuch ermöglicht eine gezielte Diagnostik und Behandlung, bevor sich die Symptome verschlimmern.

 

Therapiemöglichkeiten

Abhängig von der Ursache und Schwere der Inkontinenz stehen verschiedene Behandlungsansätze zur Verfügung:


Konservative Therapie

  • Beckenbodentraining: Gezielte Kräftigungsübungen können die Muskeln des Beckenbodens stärken und die Kontrolle über Blase und Darm verbessern.

    • Kegel-Übungen: Anspannen und Entspannen der Beckenbodenmuskulatur in kurzen Intervallen.

    • Brückenübung: Im Liegen das Becken anheben, um die Beckenbodenmuskulatur zu aktivieren.

    • Schrittweises Anspannen: Die Muskeln langsam anspannen, einige Sekunden halten und dann bewusst entspannen.

    • Squats (Kniebeugen): Kräftigt neben den Beinen auch den Beckenboden.

    • Vierfüßlerstand-Übungen: Das Becken kontrolliert nach oben und unten bewegen, um die Muskulatur zu stabilisieren.

  • Blasentraining: Strukturierte Toilettengänge und das bewusste Verlängern von Harndrangphasen können helfen, die Blasenkapazität zu erhöhen.

    • Toiletten-Zeitplan: Regelmäßige Toilettengänge nach festem Zeitplan, unabhängig vom Harndrang.

    • Harnverhalt-Technik: Gezieltes Verzögern des Toilettengangs, um die Blase zu trainieren, mehr Urin zu halten.

    • Flüssigkeitsmanagement: Vermeidung übermäßiger Flüssigkeitsaufnahme vor dem Schlafengehen oder in stressigen Situationen.

    • Protokoll führen: Notieren von Trinkmengen und Toilettenzeiten, um Muster zu erkennen und zu optimieren.

    • Entspannungstechniken: Atemübungen oder gezieltes Anspannen und Entspannen der Beckenbodenmuskulatur während Harndrang-Episoden.

  • Ernährungsanpassung: Ballaststoffreiche Kost und ausreichende Flüssigkeitszufuhr können Verdauungsprobleme regulieren.

  • Medikamentöse Therapie: Je nach Form der Inkontinenz können Medikamente wie Anticholinergika oder Hormone eingesetzt werden.


Invasive Methoden

  • Elektrostimulation: Mittels elektrischer Impulse kann die Nervensteuerung der Beckenbodenmuskulatur verbessert werden.

  • Operative Eingriffe: Harnröhrenschlingen, Botox-Injektionen in die Blase oder sakrale Neuromodulation können in schweren Fällen eine Lösung sein.

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