Wenn der Magen rebelliert: Was hinter Gastritis steckt
- Elisabeth Geist
- 10. Juni
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Juni

Vorwort
Gastritis zählt in Österreich zu den häufig auftretenden Magen-Darm-Erkrankungen und betrifft Menschen aller Altersgruppen.
Stress, ungesunde Ernährung, der übermäßige Konsum von Schmerzmitteln oder eine Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori zählen zu den häufigsten Ursachen.
Viele Betroffene leiden unter wiederkehrenden Beschwerden wie Magenschmerzen, Übelkeit oder Völlegefühl, ohne sich der genauen Hintergründe bewusst zu sein.
In Österreich steht ein gut ausgebautes Gesundheitsnetz zur Verfügung, das von HausärztInnen über FachärztInnen für Gastroenterologie bis hin zu spezialisierten Kliniken reicht. Damit bestehen ausgezeichnete Möglichkeiten zur Früherkennung, Diagnostik (etwa durch Gastroskopie) und gezielten Therapie.
Ziel dieses Beitrags ist es, Betroffenen in Österreich eine Orientierung zu bieten – von der ersten Symptomwahrnehmung bis hin zu Behandlungsmöglichkeiten und begleitenden Maßnahmen wie Ernährung und Prävention.
Was versteht man unter Gastritis?
Die Magenschleimhaut schützt die Magenwand vor Säure und Krankheitserregern. Wenn diese schützende Schleimhaut gereizt oder geschädigt wird, kann sie sich entzünden.
Man unterscheidet bei einer Magenschleimhautentzündung zwischen der akuten und chronischen Form.
Bei einer akuten Gastritis entstehen die Beschwerden sehr plötzlich, während die Symptome einer chronischen Gastritis erst mit der Zeit stärker werden.
Eine Gastritis heilt in vielen Fällen ohne bleibende Schäden, kann aber auch in seltenen Fällen zu Magengeschwüren und als Komplikation eines Geschwüres zu Magenblutungen und einem Magendurchbruch oder Magenkrebs führen.
Ursachen
Infektionen: Die häufigste Ursache für Gastritis ist das Bakterium Helicobacter pylori, das die Magenschleimhaut infizieren und Entzündungen auslösen kann.
Medikamente: Bestimmte Medikamente, besonders nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Aspirin, können die Magenschleimhaut reizen.
Strahlentherapie: Insbesondere dann, wenn der Oberbauch mitbestrahlt wird – etwa bei Tumoren im Bereich der Speiseröhre, des Magens, der Bauchspeicheldrüse oder angrenzender Lymphknoten.
Alkohol und Rauchen: Regelmäßiger Konsum kann die Magenschleimhaut schädigen.
Stress: Physischer oder psychischer Stress kann zu einer erhöhten Magensäureproduktion führen und die Schleimhaut reizen.
Autoimmunerkrankungen: Bei der autoimmunen Gastritis greift das Immunsystem die eigenen Magenzellen an.
Andere Erkrankungen: Chronische Erkrankungen wie Morbus Crohn, HIV , Diabetes oder Nierenversagen können ebenfalls zu einer Gastritis beitragen.
Reflux von Gallenflüssigkeit: Wenn Gallenflüssigkeit aus dem Dünndarm in den Magen zurückfließt, kann dies die Magenschleimhaut reizen und zu einer Gastritis führen. Dies passiert oft nach Operationen am Magen oder an den Gallengängen.
Nahrungsmittelunverträglichkeiten und -allergien: Einige Menschen reagieren empfindlich auf bestimmte Lebensmittel, wie stark gewürzte oder saure Speisen, die die Magenschleimhaut reizen können.
Alter: Mit zunehmendem Alter wird die Magenschleimhaut dünner und empfindlicher, was das Risiko für eine Gastritis erhöhen kann. Auch sind ältere Menschen häufiger von einer Helicobacter pylori-Infektion betroffen.
Symptome
Magenschmerzen oder -brennen
Sodbrennen
Übelkeit und Erbrechen
Appetitlosigkeit
Aufstoßen oder Blähungen
Völlegefühl
Möglicherweise Blut im Erbrochenen oder Stuhl (bei schweren Fällen)
Diagnose
Eine Diagnose wird oft durch eine Magenspiegelung (Gastroskopie) gestellt, bei der eine Ärztin bzw. ein Arzt eine Gewebeprobe (Biopsie) entnehmen kann, um die Entzündungsursache festzustellen.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache und kann Folgendes umfassen:
Medikamentöse Behandlung
Protonenpumpenhemmer (PPI): Medikamente wie Omeprazol und Pantoprazol reduzieren die Magensäureproduktion. PPI sollten nicht dauerhaft eingenommen werden! Eine langfristige Einnahme kann mit Risiken verbunden sein, einschließlich eines erhöhten Risikos für Mangelerscheinungen (Vitamin B12, Magnesium, Kalzium), Nierenprobleme, Herzinfarkte und Osteoporose.
Antibiotika: Falls Helicobacter pylori als Ursache festgestellt wird, kann eine Antibiotika-Therapie notwendig sein.
Antazida: Neutralisieren die Magensäure und lindern akute Beschwerden. Auch diese sollten nicht dauerhaft eingenommen werden, da sie langfristige Nebenwirkungen haben können (Blutalkalose, Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwächegefühl, Knochenerweichung und Störungen des Mineralstoffhaushaltes).
Ernährungsumstellung
Vermeidung von stark gewürzten, sauren oder fettigen Speisen, auch sind kleine, regelmäßige Mahlzeiten oft besser verträglich. Alkohol und koffeinhaltige Getränken stark einschränken.
Stressreduktion
Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation können helfen, Stress abzubauen.
Vermeidung von Auslösern
Einschränkung oder Vermeidung von NSAR-Medikamenten, wenn möglich, sowie Rauchstopp und Einschränkung des Alkoholkonsums.
Wann ist eine Gastritis chronisch?
Gastritis wird als chronisch eingestuft, wenn die Entzündung der Magenschleimhaut über einen längeren Zeitraum (meist mehr als 6-8 Wochen) bestehen bleibt und häufig wiederkehrt. Chronische Gastritis verläuft oft schleichend und verursacht weniger akute Schmerzen als die akute Form, dafür können sich die Symptome über Monate oder Jahre hinweg entwickeln.
Ursachen für die Chronifizierung
ÄrztInnen unterscheiden abhängig von den Ursachen den
Typ A (Autoimmungastritis): Bei dieser autoimmunen Form der Gastritis richten sich spezielle Antikörper (Parietalzellantikörper) gegen die säureproduzierenden Schleimhautzellen (Parietalzellen). Auf Dauer kommt es zur Zerstörung der Drüsenzellen im Magen. Gastritis Typ A steht in Zusammenhang mit einer verminderten Produktion des Intrinsic-Faktors im Magen. Dieser ist für die Aufnahme von Vitamin B12 wesentlich. Ein Mangel des Intrinsic-Faktors kann in weiterer Folge zu schweren Blutbildveränderungen führen, einer perniziösen Anämie. Gastritis Typ A ist eher selten. Betroffene Personen leiden auch häufig unter anderen Autoimmunerkrankungen, z.B. Diabetes mellitus Typ 1 oder Hashimoto-Thyreoiditis.
Typ B (bakterielle Gastritis): Bakterium Helicobacter pylori - das Bakterium verbreitet sich beispielsweise über Speichel, Erbrochenes, Stuhl, Trinkwasser oder Nahrungsmittel. Vermutlich steckt man sich meistens bereits in der Kindheit über engen Kontakt in der Familie an.
Typ C (chemische Gastritis): Hierbei handelt es sich um eine chemisch-toxisch bedingte Form. Beschwerden treten in wechselnder Stärke auf. Zu den Auslösern zählt das Rückfließen von der die Magenschleimhaut reizenden Gallenflüssigkeit aus dem Zwölffingerdarm in den Magen.
Auch bestimmte entzündungshemmende Schmerzmedikamente zählen zu den Auslösern von Gastritis Typ C. Diese vermindern die Produktion schleimhautschützender Faktoren. Zu diesen Medikamenten zählen insbesondere nicht steroidale Antirheumatika (NSAR). Zu den NSAR gehören zum Beispiel Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen. Wenn diese Schmerzmittel nur kurz eingenommen werden, um akute Schmerzen zu behandeln, sind Nebenwirkungen eher selten.
Bei längerer Einnahme über Wochen oder Monate können sie aber die Schutzfunktion der Magenschleimhaut stören, denn sie blockieren die Bildung des Hormons Prostaglandin. Prostaglandine fördern die Bildung von Magenschleim und von Stoffen, die die Magensäure neutralisieren. Bei einem Prostaglandin-Mangel ist die Magenwand nicht mehr ausreichend vor Magensäure geschützt.
Typ D: Dieser tritt bei unterschiedlichen Erkrankungen wie Morbus Crohn, Sarkoidose bzw. infektiösen oder allergischen Entzündungen der Magenschleimhaut auf. Gastritis Typ D ist ebenfalls selten. Etwa vier von 100 Personen mit chronischer Gastritis sind davon betroffen.
Ernährungstipps bei chronischer Gastritis
Bei einer Gastritis geht es vor allem darum, die Magenschleimhaut nicht noch weiter zu reizen. Vielen PatientInnen mit akuter Magenschleimhautentzündung fehlt ohnehin der Appetit, sodass sie ein bis zwei Tage ganz auf das Essen verzichten.
Wichtig ist es, ausreichend Flüssigkeit aufzunehmen, beispielsweise Kamillentee oder eine klare Suppe.
Hier einige Tipps zu magenschonender Ernährung:
Schonende Zubereitung
Gedünstet oder gekocht: Essen Sie am besten gedünstete, gekochte oder gebackene Speisen statt Frittiertes oder Gegrilltes, da diese weniger reizend für die Magenschleimhaut sind.
Keine starken Gewürze: Verzichten Sie auf stark gewürzte Speisen, wie scharfe Paprika, Chili oder Pfeffer.
Lebensmittel, die die Magenschleimhaut schonen
Haferflocken und Reis: Diese Lebensmittel sind mild und haben einen beruhigenden Effekt auf den Magen.
Bananen und Äpfel: Diese Früchte sind leicht verdaulich und können die Magenschleimhaut beruhigen.
Gekochtes Gemüse: Karotten, Kartoffeln und Kürbis sind leicht verdaulich und magenfreundlich.
Mageres Eiweiß: Gekochtes Geflügel, Fisch und Eier (gekocht oder pochiert) sind gute Eiweißquellen, die den Magen nicht belasten.
Milchprodukte in Maßen: Joghurt und Quark sind oft besser verträglich als Vollmilch, da sie milder sind und zusätzlich Probiotika enthalten können, die gut für die Verdauung sind.
Aufteilung der Mahlzeiten
Kleine, häufige Mahlzeiten: Statt drei großer Mahlzeiten sind fünf bis sechs kleine Mahlzeiten pro Tag für die Magenschleimhaut weniger belastend.
Gut kauen: Gründliches Kauen erleichtert die Verdauung und entlastet den Magen.
Vermeiden Sie reizende Lebensmittel und Getränke
Kaffee, Alkohol und kohlensäurehaltige Getränke: Diese können die Magensäureproduktion anregen und die Schleimhaut reizen.
Säurehaltige Lebensmittel: Verzichten Sie auf Zitrusfrüchte, Tomaten und Essig, da diese den Magen zusätzlich reizen können.
Fettreiche Lebensmittel: Diese benötigen länger zur Verdauung und können dadurch die Magensäureproduktion anregen.
Genügend Flüssigkeit: Trinken Sie Wasser, Kräutertees (z.B. Kamille, Fenchel oder Melisse) und meiden Sie sehr kalte oder heiße Getränke, da diese die Magenschleimhaut reizen können.
Wohin wende ich mich, wenn ich unter Gastritis leide?
Chronische Gastritis sollte regelmäßig kontrolliert werden, da sie das Risiko für Magenkrebs erhöhen kann. Falls die Symptome anhalten oder sich verschlimmern, ist es wichtig, eine Ärztin bzw. einen Arzt aufzusuchen.
In Österreich gibt es mehrere Anlaufstellen, je nach Schweregrad und gewünschter Behandlung (akut, chronisch, diagnostisch oder präventiv).
🏥 Fachärztliche und klinische Unterstützung
Gastroenterologische Ambulanzen an Universitätskliniken (Wien, Graz, Innsbruck, Salzburg, Kepler Universitätsklinikum Linz) und große Landeskliniken bieten umfangreiche Diagnostik und Therapie (Gastroskopie, H. pylori-Therapie).
HausärztInnen und InternistInnen: zentrale Anlaufstellen für erste Diagnostik, Weiterleitung und Verlaufskontrolle.
👩⚕️ Ernährungsberatung
DiätologInnen (z. B. im Krankenhaus, sozialmedizinischen Zentren oder in der freien Praxis) beraten zu magenschonender Ernährung und individuellen Diäten.
Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) ermöglicht Online-Informationen und Hinweise zu qualifizierten ExpertInnen.
🧠 Psychosoziale Unterstützung
PatientInnenberatung in Krankenanstalten: viele Spitäler bieten psychologische Begleitung, vor allem bei stressbedingter Gastritis, an.
Sozialmedizinische Zentren und Gemeindegesundheitsdienste (wie der Wiener Gesundheitsverbund) bieten Workshops für achtsamkeitsbasierte Stressbewältigung an.
Schlusswort
Gastritis ist in Österreich eine häufige und gut behandelbare Erkrankung, solange sie frühzeitig erkannt wird. Dank eines dichten Netzes an medizinischen Einrichtungen – von HausärztInnen über Fachambulanzen bis hin zu spezialisierten Kliniken – stehen Betroffenen moderne Diagnose- und Therapiemöglichkeiten zur Verfügung.
Die Kombination aus medikamentöser Behandlung, angepasster Ernährung und dem Vermeiden auslösender Faktoren wie Stress oder Schmerzmittelmissbrauch ist meist sehr wirkungsvoll.
Langfristig ist es wichtig, auf Warnsignale des Körpers zu achten und regelmäßig medizinischen Rat einzuholen – vor allem bei wiederkehrenden Beschwerden. Eine gute Zusammenarbeit zwischen PatientIn und ÄrztIn sowie gezielte Aufklärung können helfen, Komplikationen zu vermeiden und die Lebensqualität deutlich zu verbessern.
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