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Seltene Erkrankungen (rare diseases)



Seltene Erkrankungen (rare diseases) sind Krankheiten, die nur einen kleinen Teil der Bevölkerung betreffen.

In der Europäischen Union wird eine Krankheit als selten definiert, wenn weniger als 1 von 2.000 Menschen betroffen ist. Weltweit gibt es Tausende seltener Erkrankungen, die in ihrer Art und Auswirkung sehr unterschiedlich sind.


Hier sind einige wichtige Fakten und Aspekte zu seltenen Erkrankungen:


1. Häufigkeit und Verbreitung

Schätzungen zufolge gibt es über 6.000 bis 8.000 verschiedene seltene Erkrankungen.

Obwohl jede Krankheit für sich selten ist, sind weltweit etwa 300 Millionen Menschen betroffen, was sie zu einem bedeutenden gesundheitlichen Thema macht.


2. Genetische Ursachen

Rund 80% der seltenen Erkrankungen haben eine genetische Ursache. Dies bedeutet, dass sie durch Mutationen oder Veränderungen in den Genen verursacht werden.


Beispiele für genetische seltene Erkrankungen


  • Mukoviszidose: Stoffwechselerkrankung, bei der zäher Schleim in den Zellen entsteht und lebenswichtige Organe nach und nach verstopft.

  • Huntington-Krankheit: Erkrankung des Gehirns, die durch unwillkürliche, unkoordinierte Bewegungen bei gleichzeitig schlaffem Muskeltonus gekennzeichnet ist, in Demenz mündet und zum Tod führt.

  • Noonan-Syndrom: Hochvariable, multisystemische Erkrankung, die gekennzeichnet ist durch Kleinwuchs, typische faziale Dysmorphien, angeborene Herzfehler, Kardiomyopathie und ein erhöhtes Risiko, im Kindesalter Tumoren zu entwickeln.

  • Bardet-Biedl-Syndrom: Betrifft verschiedene Organsysteme, führt u.a. zu Adipositas, Netzhautdegeneration und Hörverlust.

  • Muskelatrophie: Gewebeschwund der Skelettmuskulatur unter Abnahme der Muskelmasse, führt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Bewegungsapparats.


3. Schwierigkeiten bei der Diagnose

Die Diagnose seltener Erkrankungen ist oft eine Herausforderung. Viele PatientInnen warten Jahre, bis die richtige Diagnose gestellt wird. Dies liegt daran, dass die Symptome oft unspezifisch oder ähnlich zu anderen, häufigeren Krankheiten sind.


4. Forschung und Behandlung

Für viele seltene Erkrankungen gibt es derzeit keine Heilung oder spezifische Behandlung. Die Forschung in diesem Bereich ist oft unterfinanziert, da die betroffene PatientInnen-Gruppe klein ist.


Orphan Drugs (Medikamente für seltene Erkrankungen) werden speziell entwickelt, um den Betroffenen zu helfen. Es gibt jedoch oft regulatorische und wirtschaftliche Hürden für die Entwicklung solcher Medikamente.


5. Seltene Erkrankungen in der Gesellschaft

Menschen mit seltenen Erkrankungen leiden oft unter Isolation, da ihre Erkrankung wenig bekannt ist und häufig missverstanden wird.


Beispiele für seltene Erkrankungen



Wegen der Seltenheit und der oft komplexen Natur dieser Krankheiten gibt es einen großen Bedarf an interdisziplinärer Forschung und internationaler Zusammenarbeit, um Fortschritte bei der Diagnose und Behandlung zu erzielen.


Forschung in Österreich


In Österreich gibt es eine zunehmende Forschungsaktivität im Bereich seltener Erkrankungen, die sich auf verschiedene Institutionen, Netzwerke und Programme erstreckt. Da seltene Erkrankungen oft komplexe und genetische Ursachen haben, spielt die biomedizinische Forschung eine zentrale Rolle.


Hier sind einige wichtige Aspekte der Forschung zu seltenen Erkrankungen in Österreich:


1. Österreichisches Nationales Aktionsplan für Seltene Erkrankungen

Österreich hat einen nationalen Aktionsplan für seltene Erkrankungen entwickelt, um die Versorgung von Betroffenen zu verbessern. Dieser Plan umfasst mehrere Maßnahmen, darunter die Förderung der Forschung, den Zugang zu Diagnose und Therapien sowie die Vernetzung von Experten und Institutionen.

Ein zentrales Ziel des Plans ist es, PatientInnen mit seltenen Erkrankungen eine schnellere und präzisere Diagnose zu ermöglichen und den Zugang zu spezialisierten Behandlungen zu erleichtern.


2. Zentren für seltene Erkrankungen

Zentren für seltene Erkrankungen wurden in verschiedenen großen Krankenhäusern etabliert, darunter das AKH Wien (Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien) und das Universitätsklinikum Innsbruck. Diese Zentren bündeln Expertise und stellen spezialisierte Diagnostik und Therapie für PatientInnen bereit.


Diese Einrichtungen arbeiten eng mit Forschungsinstituten zusammen, um neue genetische Ursachen von seltenen Erkrankungen zu erforschen und innovative Therapien zu entwickeln.


3. Forschungsinitiativen und Projekte

  • CeRUD (Center for Rare and Undiagnosed Diseases) an der Medizinischen Universität Wien ist ein Forschungszentrum, das sich auf die Untersuchung und Behandlung seltener und undiagnostizierter Erkrankungen spezialisiert hat. Es betreibt sowohl Grundlagenforschung als auch klinische Forschung.


  • Genome Austria: Die Genomforschung ist entscheidend für das Verständnis vieler seltener Erkrankungen, da ein Großteil genetischen Ursprungs ist. In Österreich gibt es diverse Projekte zur Genomsequenzierung, um genetische Mutationen, die seltene Krankheiten verursachen, zu identifizieren.


4. Internationale Zusammenarbeit

Die EURORDIS (European Organization for Rare Diseases) und das europäische Netzwerk für seltene Erkrankungen spielen eine große Rolle bei der Vernetzung von Forschungsinstituten und PatientInnen-Organisationen.

Österreichische Forscher arbeiten oft mit diesen Netzwerken zusammen, um Wissen auszutauschen und Zugang zu internationalen Fördermitteln zu erhalten.


Durch die Teilnahme an EU-Forschungsprogrammen wie Horizon Europe (größtes transnationales Forschungsförderungsprogramm der Welt) oder spezifischen Programmen zur Förderung von Orphan Drugs wird die Forschung in Österreich weiter vorangetrieben.


5. PatientInnen-Register und Biobanken

PatientInnen-Register und Biobanken sind wesentliche Werkzeuge für die Forschung zu seltenen Erkrankungen. Sie ermöglichen es, Daten und biologische Proben von Betroffenen zu sammeln, um sie für genetische und klinische Studien zu nutzen.

In Österreich wird dieses System zunehmend ausgebaut, um Forschung effizienter zu gestalten und personalisierte Medizinansätze zu fördern.


6. Selbsthilfegruppen und NGOs

Neben den offiziellen Forschungsinstitutionen gibt es auch viele Selbsthilfegruppen und Nichtregierungsorganisationen, die sich für PatientInnen mit seltenen Erkrankungen einsetzen. Diese Organisationen, wie etwa Pro Rare Austria, fördern den Austausch zwischen PatientInnen, ÄrztInnen und ForscherInnen und tragen oft zur Finanzierung von Forschungsprojekten bei.



Insgesamt bietet Österreich eine dynamische und gut vernetzte Forschungslandschaft, die durch nationale Initiativen, akademische Institutionen und internationale Zusammenarbeit unterstützt wird. Die Forschung auf diesem Gebiet ist jedoch oft abhängig von langfristiger Finanzierung und einer breiteren gesellschaftlichen und politischen Unterstützung.



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