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23. September: Welt-RLS-Tag – Das Restless-Legs-Syndrom


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Das Restless-Legs-Syndrom (RLS) – das „Syndrom der unruhigen Beine“ (umgangssprachlich auch „Zappel-Phillip Syndrom“ genannt) ist eine Erkrankung des Nervensystems.


Betroffene spüren dabei einen unangenehmen Drang, ihre Beine zu bewegen, weil sie sonst ein störendes Gefühl haben. Manche beschreiben es als Kribbeln, Ziehen, Reißen oder sogar Schmerzen tief in den Muskeln. Die Beschwerden treten meistens abends oder nachts in Ruhe auf – also genau dann, wenn man eigentlich schlafen möchte.

RLS ist keine seltene Krankheit: Etwa jeder 10. Erwachsene hat in seinem Leben damit zu tun.


Welche Symptome sind typisch?


Die wichtigsten Anzeichen sind:


  • Unangenehmes Gefühl in den Beinen: Kribbeln, Ziehen oder eine Art innerer Unruhe.


  • Bewegungsdrang: Wer aufsteht, herumlauft oder die Beine bewegt, spürt meist sofort Besserung – aber nur für kurze Zeit.


  • Abendliche Verstärkung: Tagsüber sind die Beschwerden oft schwächer, abends und nachts nehmen sie zu.


  • Schlafstörungen: Durch die Beschwerden fällt das Einschlafen schwer, und auch nachts wachen viele wieder auf. Das kann zu starker Müdigkeit am Tag führen.


  • Unwillkürliche Zuckungen im Schlaf: Viele Betroffene machen im Schlaf rhythmische Beinbewegungen, ohne es zu merken.


Wodurch entsteht RLS?


Die genaue Ursache ist noch nicht ganz verstanden. Forschungen zeigen aber, dass zwei Dinge eine Rolle spielen:


  • Dopamin-Stoffwechsel im Gehirn: Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff für Bewegungen.


  • Eisenmangel im Gehirn: Eisen ist nötig, damit Dopamin richtig wirken kann.



Es gibt zwei Formen von RLS:


  • Primäres (idiopathisches) Restless-Legs-Syndrom


Diese Form tritt ohne erkennbare äußere Ursache auf.

Oft beginnt sie bereits in jüngeren Jahren und verschlimmert sich langsam über die Jahre.

Häufig liegt eine erbliche Veranlagung vor: In vielen Familien gibt es mehrere Betroffene.

Man weiß, dass im Gehirn eine Störung im Dopamin- und Eisenstoffwechsel eine Rolle spielt, aber warum genau das passiert, ist noch nicht vollständig geklärt.

Da es keine klare Ursache gibt, steht hier die Behandlung der Symptome im Vordergrund.


  • Sekundäres Restless-Legs-Syndrom


Diese Form entsteht als Folge einer anderen Erkrankung oder Situation.


Typische Auslöser sind:


  • Eisenmangel (z. B. durch Blutverlust, Mangelernährung oder Magen-Darm-Erkrankungen)


  • Chronische Nierenerkrankung (viele Dialyse-Patient:innen haben RLS)


  • Schwangerschaft (häufig im letzten Drittel, bessert sich meist nach der Geburt wieder)


  • Bestimmte Medikamente (z. B. Antidepressiva, Neuroleptika oder einige Antihistaminika)


Bei dieser Form steht im Vordergrund, die Ursache zu behandeln – z. B. Eisenmangel ausgleichen oder Medikamente überprüfen.


👉 Kurz gesagt:


  • Primäres RLS = angeborene/neurobiologische Form, entwickelt sich langsam und bleibt meist ein Leben lang bestehen.


  • Sekundäres RLS = tritt durch eine andere Erkrankung oder einen Mangel auf und kann sich bessern oder sogar verschwinden, wenn die Ursache behoben wird.



Wie wird RLS festgestellt?


Die Diagnose stellt die Ärztin oder der Arzt vor allem durch die typischen Beschwerden. Zusätzlich können Blutuntersuchungen gemacht werden, um zum Beispiel einen Eisenmangel auszuschließen. In besonderen Fällen wird eine Schlafuntersuchung (Polysomnographie) empfohlen, wenn unklar ist, ob es wirklich RLS ist.


Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?


  • Allgemeine Maßnahmen


  • Eisenmangel behandeln (ggf. Tabletten oder Infusion)


  • Auf Schlafhygiene achten: regelmäßiger Schlafrhythmus, ruhige Schlafumgebung.


  • Bewegung und leichte Sportarten können hilfreich sein.


  • Vermeiden von Alkohol, Koffein und Nikotin.


  • Falls möglich: Medikamente meiden, die RLS verstärken können (z. B. manche Antidepressiva oder Beruhigungsmittel).


  • Medikamente

Wenn die Beschwerden stark sind, gibt es verschiedene Arzneimittel:

Dopamin-Wirkstoffe (z. B. Pramipexol, Ropinirol, Rotigotin): wirken oft sehr gut, können aber auf Dauer Nebenwirkungen haben.


  • Antiepileptika (z. B. Gabapentin, Pregabalin): besonders wirksam bei starken Schmerzen oder Schlafproblemen.


  • Opioide (z. B. Oxycodon/Naloxon): nur als Reserve, wenn nichts anderes hilft.


  • Weitere Möglichkeiten

Wärmeanwendungen, Massagen oder Dehnübungen können Beschwerden kurzfristig lindern.

Bei Schlafproblemen kann auch eine Verhaltenstherapie unterstützen.



Wie ist die Prognose?


Das Restless-Legs-Syndrom ist in den meisten Fällen chronisch, also langfristig.

Die Symptome können stärker oder schwächer werden, manchmal verschwinden sie auch zeitweise. Mit der richtigen Behandlung lässt sich die Lebensqualität jedoch deutlich verbessern.


👉 Kurz gesagt:


Das Restless-Legs-Syndrom ist eine häufige, aber gut behandelbare Erkrankung. Wer abends immer wieder unter unruhigen Beinen leidet, sollte die Beschwerden ernst nehmen und ärztlich abklären lassen – denn mit den passenden Maßnahmen lässt sich die Situation in den meisten Fällen gut kontrollieren.


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Innsbrucker Forschungsteam findet neue Ursache für das „Restless Legs Syndrom“ (RLS)


Wer am Restless Legs Syndrom (RLS) leidet – in Österreich sind das rund zehn Prozent – kommt im wahrsten Sinne des Wortes nicht zur Ruhe. Zunehmender und unkontrollierbarer Bewegungsdrang in Ruhelage raubt den Schlaf und mindert die Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Ein interdisziplinäres Team um den Internisten Günter Weiss von der Medizin Uni Innsbruck konnte nun erstmals jene pathophysiologischen Mechanismen entlarven, die dieser neurologischen Schlafstörung zugrunde liegen.


Die Ursachen des Restless-Legs-Syndroms sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Gesichert ist die zentrale Rolle des Dopaminsystems. Der Nervenbotenstoff Dopamin bzw. seine Vorläufer L-Dopa und sog. Dopaminagonisten werden bereits therapeutisch eingesetzt, um spezifische RLS-Symptome wie Ziehen, Spannen, Kribbeln, Schmerzen oder andere als unangenehm empfundene Gefühle in Zuständen der Ruhe bzw. während des Schlafs und dem damit verbundenen Bewegungsdrang zu beseitigen.  


  • Gestörter Eisenstoffwechsel in den Mitochondrien


Innsbrucker ForscherInnen können in ihrer im Fachjournal Movement Disorders veröffentlichten Untersuchung nun erstmals eindrucksvoll belegen, dass eine durch Eisenmangel bedingte Fehlfunktion der Mitochondrien – die Energiekraftwerke der Zelle – der idiopathischen, also nicht mit anderen Erkrankungen zusammenhängenden Form des RLS zugrunde liegt. In Zusammenarbeit mit dem von Birgit Högl geleiteten Schlaflabor an der Univ.-Klinik für Neurologie wurde in den Immunzellen von 287 PatientInnen des Innsbrucker Schlaflabors –  davon 168 RLS-PatientInnen – die für die Energiegewinnung notwendige Eisenverfügbarkeit untersucht.


„Der Vergleich systemischer Eisenmangelparameter wie Ferritin, Eisen oder Hämoglobin zeigte keine Unterschiede zwischen diesen Gruppen. In  den Mitochondrien konnten wir jedoch feststellen, dass all jene Gene, die mit dem Eisenstoffwechsel in Zusammenhang stehen, herunterreguliert waren. Die Aktivität der Mitochondrien und deren Energieproduktion waren somit aufgrund des dort herrschenden Eisenmangels beeinträchtigt“, berichtet Weiss, der an der von ihm geführten Univ.-Klinik für Innere Medizin II auch das Christian Doppler-Labor für Eisenstoffwechsel und Anämieforschung leitet. Dass es sich bei der mitochondrialen Dysfunktion um keinen genetischen, sondern um einen funktionellen Defekt handelt, konnte von Florian Kronenberg, Leiter der Sektion für Genetische Epidemiologie der Medizin Uni Innsbruck, nachgewiesen werden. Die auf den drei Schwerpunkten Immunologie, Neurologie und Genetik basierende Forschungsarbeit wurde aus Mitteln des Tiroler Wissenschaftsfonds gefördert.


  • Gezieltere RLS-Therapie


„Eine weitere Erkenntnis unserer Untersuchungen zum Thema Eisenstoffwechsel und Dopamin ist, dass die Verabreichung dopaminerger Substanzen die Verfügbarkeit von Eisen in Zellen und damit die Funktion der Mitochondrien und deren Energieproduktion signifikant verbessert“, spricht Erstautor David Haschka die mit den neuen Erkenntnissen ermöglichte gezieltere Therapie von idiopathischen RLS-PatientInnen an.   Weitere Untersuchungen des Innsbrucker Teams sollen klären, welche funktionellen Mechanismen zu einer verminderten mitochondrialen Eisenverfügbarkeit führen.


Zum  besseren Verständnis der Pathophysiologie sowie zur Diagnostik und Therapie des RLS wird an der Medizinischen Universität Innsbruck seit vielen Jahren intensiv geforscht. Das seit 1995 an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie bestehende Schlaflabor unter der Leitung der Neurologin Birgit Högl, eines der modernsten Einrichtungen dieser Art in Europa, das 2014 als erstes Zentrum außerhalb der USA als Quality Care Center (QCC) ausgezeichnet wurde, konnte mit der Erforschung des RLS bereits international beachtete Akzente setzen. Mitbeteiligt an dieser Studie war auch Erich Gnaiger von der Univ.-Klinik für Visceral-, Transplantations- und Thoraxchirurgie, der sich seit vielen Jahren mit der Physiologie von Mitochondrien beschäftigt und auch spezielle Geräte entwickelt hat (Oxygraph-2k von der Tiroler Firma OROBOROS INSTRUMENTS GmbH), mit denen die Funktionalität und der Energiestoffwechsel von Mitochondrien in lebenden Zellen gemessen werden kann.

(D. Heidegger)


Links:  


Association of mitochondrial iron deficiency and dysfunction with idiopathic restless legs syndrome. Haschka D, Volani C, Stefani A, Tymoszuk P, Mitterling T, Holzknecht E, Heidbreder A, Coassin S, Sumbalova Z, Seifert M, Dichtl S, Theurl I, Gnaiger E, Kronenberg F, Frauscher B, Högl B, Weiss G. Mov Disord. 2018 Oct 11. [Epub ahead of print]https://dx.org/10.1002/mds.27482 

Dopamine promotes cellular iron accumulation and oxidative stress responses in macrophages. Dichtl S, Haschka D, Nairz M, Seifert M, Volani C, Lutz O, Weiss G. Biochem Pharmacol. 2018 Feb;148:193-201.https://doi.org/10.1016/j.bcp.2017.12.001  

Univ.-Klinik für Innere Medizin IIhttps://www.i-med.ac.at/patienten/ukl_inneremedizin2.html

Das Christian Doppler-Labor für Eisenstoffwechsel und Anämieforschung auf YouTubehttps://www.youtube.com/watch?v=-1DH304ryJY


Weitere evidenzbasierte Quellen:


  • Högl B, et al. The International Restless Legs Syndrome Study Group (IRLSSG) consensus guidelines on the management of restless legs syndrome. Sleep Med. 2021.

  • Trenkwalder C, Paulus W. Restless legs syndrome: pathophysiology, clinical presentation and management. Nat Rev Neurol. 2020.

  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). Leitlinie Restless-Legs-Syndrom (aktuelle Version).

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