Ungewöhnliche Peptide zeigen anti-Tumor-Effekte
ForscherInnen von MedUni Wien, Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, Veterinärmedizinischen Universität Wien und dem Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung belegen einen anti-Tumor-Effekt bestimmter naturnaher zyklischer Peptide.
In der international veröffentlichten Studie wird nicht nur die Hemmung der Zellteilung durch die Peptide gezeigt, sondern sogar deren Fähigkeit, den Zelltod der Krebszellen zu verursachen.
(Ein Peptid ist eine organische chemische Verbindung, die aus einer Verknüpfung mehrerer Aminosäuren hervorgegangen ist. Dabei sind die einzelnen Aminosäuren in einer definierten Reihenfolge (Sequenz) zu einer, meist unverzweigten, Kette verbunden.
Im menschlichen Körper sind Peptide für die Steuerung etlicher biologischer Prozesse verantwortlich. Manche der Bio-Moleküle agieren als Hormone, andere hemmen Entzündungen oder bekämpfen in den Körper eingedrungene Viren. Doch Peptide können auch Erkrankungen hervorrufen).
Bisher waren unter anderem immunsuppressive Wirkungen dieser ursprünglich in afrikanischen Pflanzen entdeckten Peptide bekannt: eine Wirkung, die sie auch zu aussichtsreichen Kandidaten für ein Multiple Sklerose-Medikament machen. Die nun entdeckten anti-Tumor-Effekte bei bestimmten Lymphdrüsenkrebszellen fügen dem Wirkspektrum dieser ungewöhnlichen Peptide eine neue wichtige Facette zu.
Zyklotide sind kleine, ringförmige Peptide, die in den 1960er Jahren in afrikanischen Pflanzen entdeckt wurden. Frühzeitig erkannte man bei mindestens einem von ihnen (kalata B1) eine immunsuppressive Wirkung. Dabei wird die Zellteilung von immunaktiven Zellen (T-Zellen) gehemmt, was die Behandlung von Autoimmunerkrankungen ermöglichen könnte. Ein Team dreier österreichischer Universitäten und eines Forschungsinstituts aus Wien untersuchte, ob diese zellteilungshemmende Wirkung auch bei Krebsarten helfen könnte, die auf der Vermehrung von T-Zellen beruhen. Ihre nun veröffentlichten Ergebnisse einer umfangreichen Studie belegen tatsächlich eine anti-Tumor-Wirkung auf bestimmte Lymphdrüsenkrebszellen.
Kultur & Modell
„Tatsächlich konnten wir diesen Effekt in zwei verschiedenen Testsystemen nachweisen“, erläutert Dagmar Stoiber-Sakaguchi, Leiterin des Fachbereichs Pharmakologie an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems). „Sowohl in Zellkulturen als auch in Tiermodellen zeigte sich der anti-Tumor-Effekt deutlich.“ Und Erstautorin Judith Lind, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe Molekulare Onkologie/Hämatologie, ergänzt: „Wir sehen daher in diesen speziellen Peptiden vielversprechende Kandidaten für die Entwicklung von Medikamenten gegen das anaplastisch-großzellige Lymphom (ALCL), die von uns untersuchte Lymphdrüsenkrebsart.“
Krebs-Zelltod
Weitere entscheidende Studien wurden dann in Mausmodellen des ALCLs vorgenommen. Hier bestätigten sich die Erkenntnisse aus den Zellkulturen beindruckend, wie Christian Gruber vom Institut für Pharmakologie der Medizinischen Universität Wien darlegt: „Nicht nur konnten wir zeigen, dass T20K auch hier die Apoptose – also den Zelltod – von Krebszellen herbeiführte, sondern auch, dass die Tumore in behandelten Tieren nur etwa halb so groß waren.“
Die Zusammenarbeit der drei Universitäten mit dem ehemaligen Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung legt mit dieser jetzt international publizierten Studie eine fundierte Grundlage für die weitere Erforschung von T20K zur Behandlung des anaplastisch-großzellige Lymphoms.
(Wien/Krems, 13-09-2022)
Publikation: Biomedicine & Pharmacotherapy
The nature inspired peptide [T20K]-kalata B1 induces anti-tumor effects in anaplastic large cell lymphoma
J. Lind, R. Hellinger, P. Kudweis, H. P. Moll, J. Gattringer, K. Thell, S. Edtmayer, C. W. Gruber, D. Stoiber, K. Kollmann
DOI: https://doi.org/10.1016/j.biopha.2022.113486